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Zu den Folgen einer behördlich angeordneten Betriebsschließung
Bleibt der Betriebsinhaber zur Zahlung der Gehälter seiner Angestellten verpflichtet, auch wenn der Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen werden musste?
- Gemäß § 615 S.3 BGB bleibt der Arbeitgeber in den Fällen, in denen er das Risiko eines Arbeitsausfalls trägt, zur Zahlung der Vergütung verpflichtet.
- Die Rechtsprechung hat insoweit die sogenannte Betriebsrisikolehre
Danach gilt generell:
Betriebsrisiko ist das Risiko des Arbeitgebers, seinen Betrieb nicht betreiben zu können.
Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass „der Arbeitgeber, dem die wirtschaftliche Initiative und das Entscheidungsrecht in Fragen der Betriebsführung zusteht, auch insoweit die Verantwortung und damit die Folgen tragen muss, die sich daraus ergeben, dass die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und die Entgegennahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber aus Gründen unmöglich wird, die in seinem Einflussbereich liegen. Der Arbeitgeber bleibt demnach zur Lohnfortzahlung verpflichtet, auch wenn die Gründe der Betriebsschließung nicht betriebstechnische Störungsursachen haben oder auf einem Versagen der sachlichen oder persönlichen Mittel des Betriebes beruhen, sondern von außen auf das Unternehmen einwirken.“ (BAG vom 30.05.1963 – 5 AZR 282/62)
Hieraus folgt grundsätzlich, dass „wenn ein Betrieb aus rechtlichen Gründen vorübergehend eingestellt werden muss, wie etwa bei behördlichen Maßnahmen, der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt.“
So hat das Landessozialgericht Hessen durch Urteil vom 20.08.2010 im Fall der Einstellung der Geschäftstätigkeit einer Bank aufgrund einer bankaufsichtsrechtlichen Maßnahme erklärt, dass der Arbeitgeber in einem solchen Fall nach § 615 S.3 BGB die Zahlung der vereinbarten Gelder zu leisten hat.
- Herrschende Meinung in der Rechtsprechung und Literatur dürfte daher sein, dass die Gehälter fortgezahlt werden müssen.
- Es bleibt nun abzuwarten, ob in den nächsten Tagen Gesetze oder Verordnungen erlassen werden, die Entschädigungsansprüche zu Gunsten betroffener Unternehmen regeln.
Ein Ansatzpunkt hierfür findet sich in dem oben zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30.05.1963:
„Dieses Grundprinzip des Betriebsrisikos gelangt vornehmlich dann nicht zur Anwendung, wenn die Unmöglichkeit der Beschäftigung (…) oder das die Betriebsstörung herbeiführende Ereignis den Betrieb wirtschaftlich so schwer trifft, daß bei Zahlung der vollen Löhne die Existenz des Betriebes gefährdet würde. (…) Ob eine andere Auffassung im Sinne einer Risikobeteiligung des Arbeitnehmers bei einer Existenzgefährdung des Betriebes gerechtfertigt ist, braucht nicht entschieden zu werden.(…) (BAG 30.05.1963 , wie vor)
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Hieraus kann sich daher ein Ansatzpunkt ergeben, dass die Betriebsrisikolehre im Falle einer Existenzgefährdung nicht greift. Dies wäre entsprechend darzulegen.
Ob die aktuellen Geschehnisse zu einer Nichtanwendbarkeit der Betriebsrisikolehre führen, bleibt noch abzuwarten.
Ist die Regelung des § 615 S.3 BGB und die daraus folgende Betriebsrisikolehre abdingbar oder zwingend vorgeschrieben?
- Die Regelung des § 615 S.3 BGB ist grundsätzlich dispositiv:
„Von dem Grundsatz, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko zu tragen hat, kann in einem Tarifvertrag oder Einzelarbeitsvertrag abgewichen werden. Eine solche Abweichung muß aber mit hinreichender Deutlichkeit normiert bzw. vereinbart sein.“ (Vgl. Bundesarbeitsgericht vom 04.07.1958 - 1 AZR 559/57)
Denkbar ist daher auch der Abschluss einer zeitlich befristeten Betriebsvereinbarung über die Abbedingung der gesetzlichen Risikoverteilung des § 615 BGB.
Hat der Betriebsinhaber einen Anspruch auf Erstattung der zu zahlenden Gehälter?
Die Schließung eines Betriebs führt nicht zu einer Erstattungsmöglichkeit gemäß § 56 des Infektionsschutzgesetzes.
§ 56 Infektionsschutzgesetz betrifft Fälle, in denen eine Behörde Quarantäne für Mitarbeitende anordnet, bezieht sich aber nicht auf solche behördlich angeordneten Betriebsschließungen.
Daher kann keine Erstattung geltend gemacht werden
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